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Blasebalg. Heiße Luft.

 
Die Fensterscheibe zerbarst mit lautem Scheppern. Opa Keule fuhr aus seinem Mittagsschlaf hoch. „Verdammte Gören“, fluchte er vor sich hin, als er die Scherben am Boden sah. Schon sehr lange ging das so: Kleine, dumme Jungs, die ihm am helllichten Tag die Scheiben einwarfen, den Garten zertrampelten, den Briefkasten anzündeten. Vermutlich galt das bei den Knilchen als Mutprobe, als Beweis dafür, sich nicht vor Opa Keule zu fürchten. Er lachte ein bitteres, freudloses Lachen. Vor drei oder vier Jahren hatte er mal einen der Lümmels in seinem Garten erwischt. Wer weiß, was der für eine Dummheit vorgehabt hatte. Opa Keule hatte sich den erstbesten Holzscheit gegriffen, drohend damit herumgefuchtelt und den Störenfried von seinem Grundstück verjagt. Das hatte offensichtlich Eindruck gemacht: Seit dieser Zeit nannten ihn die Kinder in der Straße nur noch Opa Keule.

Missmutig holte er Kehrblech und Besen aus der Abstellkammer, und begann, die Scherben zusammenzukehren. Ein Windstoß trieb kalten Nieselregen herein. Schon seit Wochen herrschte draußen dieses Mistwetter. Gar nicht gut für seine alten Knochen. Sein Kreuz tat ihm weh, das Bücken fiel ihm schwer. Doch er biss die Zähne zusammen und fegte mit unbewegtem Gesichtsausdruck Scherben und Splitter weg. Inzwischen war das Wohnzimmer ganz schön ausgekühlt; er musste das Fenster dicht bekommen. Der Wind wurde stärker. Es würde nicht mehr lange dauern, bis der seit Wochen allgegenwärtige Nieselregen in matschige, pappige Flocken übergehen würde. Und dann käme der Frost.

Opa Keule zog sich seine Winterjacke an und stapfte über den matschigen Rasen in den Gartenschuppen. Mit Hammer, Brettern und langen Nägeln kam er zurück. Eines nach dem anderen nagelte er die Bretter vor die Fensteröffnung. Einer oben, einer unten. Nächstes Brett. Einer oben, einer unten. Nächstes Brett. Methodisch, langsam, ruhig. Bis das Fenster nicht mehr zu sehen war. Opa Keule prüfte, ob alle Nägel fest saßen, dann ging er wieder ins Haus und schloss die Tür hinter sich. Es war nun fast völlig dunkel. Das trübe Tageslicht konnte sich nur mit Mühe durch ein paar Ritzen zwischen den Brettern zwängen. Opa Keule legte den Hammer auf die kleine Kommode im Flur, ließ die Jacke aber an. Es war einfach noch zu kalt. Er ging ins Wohnzimmer. Wozu brauchte ein alter Knochen wie er schon Licht. Seine Augen waren sowieso nicht mehr besonders gut. Mit schmerzendem Rücken setzte er sich auf das alte Sofa. Die Jungs aus der Straße würden sich nun eine andere Mutprobe suchen müssen. Am Vorabend des ersten Advents hatte er das letzte Fenster seines Hauses zugenagelt.
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